Technologieneutralität und Klimaschutz – geht beides? 0

Technologieneutralitaet und Klimaschutz

Technologieneutralität, Klimaneutralität, CO2-Emissionen, Klimaschutz, Verkehrs- und Energiewende – das alles sind Begriffe, die uns in den letzten Jahren immer mehr um die Ohren flogen, aber in ihrer Abstraktheit haben sie für die wenigsten von uns eine echte Bedeutung. Tatsächlich sollten wir uns allerdings mehr mit diesen Themen befassen und sie konkret für uns beleuchten, statt nur die Politik reden und die Hersteller machen zu lassen. Wir unternehmen einen Versuch.

Was ist Technologieneutralität?

Wer diese Frage googelt, ist sehr schnell überfordert. Es gibt kaum hilfreiche Definitionen, die es auf den Punkt bringen. Stattdessen finden wir Studien, Berichte, Analysen und Gesetzesparagrafen. Damit will sich aber der Laie nicht beschäftigen. 

Liest man sich ein wenig in die Thematik ein, wird es auch nicht viel besser. Denn man bekommt den Eindruck, dass es zwei verschiedene Arten der Technologieneutralität zu geben scheint.

Versuch einer Definition:

Technologieneutralität beschreibt den Grundsatz der Politik, alle Technologien gleichwertig zu betrachten. Damit diesem Prinzip Folge geleistet werden kann, braucht es eine absolute Unvoreingenommenheit. 

Nimmt man diese Definition als Leitfaden, muss man allen Entwicklern unterschiedlicher Methoden die gleichen Voraussetzungen schaffen und sie unter diesen beurteilen.Neutralitaet - Chancengleichheit

Im Rahmen der Energiepolitik heißt dies beispielsweise, dass für Atomenergie, Wasserstoffenergie, Kohlekraftwerke und erneuerbare Energien, wie Windkraft oder Sonnenenergie die gleichen Bedingungen und Grundlagen ausschlaggebend sind.

Aber auch im Bereich der Telekommunikation ist Technologieneutralität ein immer wiederkehrender Begriff, der sogar im TKG (Telekommunikationsgrundgesetz) definiert wird.

Auch hier soll für alle Anbieter die gleichen Kriterien gelten, egal ob sie ihre Signalübertragung von Medien über Kabel, Funk, optische oder elektromagnetische Einrichtungen gewährleisten.

Gibt es noch eine andere Technologieneutralität?

Gewissermaßen. Die obige Definition beschreibt tatsächlich das, worauf Technologieneutralität in der Politik abzielt. Aber wenn wir über neutrale Technologie sprechen, kommt sehr schnell der Klimaschutz ins Spiel. 

Das erklärt sich dadurch, dass dieses Thema in der Energiewende ebenso große Bedeutung bekommen hat, wie in der Verkehrswende. Denn hier wird im Rahmen des Kampfs gegen die globaleKlimaschutz Erwärmung und viel zu hoher CO2-Emissionen natürlich auf CO2-Neutralität abgezielt. Innovationen, die weniger Kohlenstoffdioxid generieren werden bevorzugt betrachtet und behandelt.

So könnte man meinen, dass der Begriff der Technologieneutralität die Einführung bzw. Bevorzugung CO2-neutraler Technologien meint.

Während das ein Ziel der Politik ist, ist die Ironie an dieser Stelle, dass dies auch über Technologieneutralität erreicht werden soll, so wie wir sie oben definiert haben.

Verkehrs- und Energiewende im Rahmen der Technologieneutralität

Bis 2050 will Deutschland Klimaneutralität erreicht haben. Das heißt, der Ausstoß von Treibhausgasen soll dann auf null stehen. 

Eines der wichtigsten Mittel ist hierbei die sogenannte Verkehrswende. Dabei geht es um den Prozess, Verkehr und Mobilität nachhaltiger zu gestalten, was vor allem durch den Umstieg auf klimaneutrale Energieträger, „sanftere“ Mobilitätsnutzung und eine bessere Vernetzung des Individual- mit dem öffentlichen Personennahverkehr erreicht werden soll.

Das heißt, mit dem Auto allenfalls nur zum nächsten Bahnhof fahren und dann den ÖV in die Ballungszentren hinein nutzen; Fahrrad fahren, wann immer möglich; kurze Strecken zu Fuß oderÖffentliche Verkehrsmittel vielleicht mit einem E-Roller zu bewältigen; wasserstoffbetriebene Busse in den Städten anzuschaffen; das Verkehrsnetz von U- und S-Bahn auszubauen, um dank einer besseren Infrastruktur für viele erreichbarer zu sein.

Kurzum, Autos sollen nicht nur aus den Städten raus, sondern darüber hinaus weniger genutzt werden bzw. auch hier wird ein Wechsel zu Hybrid- oder E-Fahrzeugen angestrebt.

Energien sollen ebenfalls „sauberer“ und nachhaltiger werden. Der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe und die vermehrte Förderung alternativer bzw. erneuerbarer Energien ist dabei oberstes Ziel.

Was hat Technologieneutralität hier für eine Bedeutung?

Alle uns bekannten Prozesse, die die Verkehrs- bzw. auch die Energiewende unterstützen, beschleunigen, vereinfachen oder überhaupt erst ermöglichen, sollen unter den gleichen „neutralen“ Maßstäben betrachtet werden.

Die nationalen, aber auch die europäischen Regulierungsbehörden sind unter dem Grundsatz der Technologieneutralität dazu angehalten, Regelungen zu finden, die einem wirksamen Wettbewerb dienen und im Rahmen der jeweils am besten geeigneten technischen Lösung für den jeweiligen Markt auch dienstneutral sind.

Im Grunde heißt das, dass jeder individuell dafür zuständig ist, die optimale Problembewältigungsstrategie oder Dienstleistung für sein Gebiet in Anspruch zu nehmen, unabhängig davon, um welche Technologie es sich handelt oder woher diese kommt.Atom- und Windenergie

Ist Frankreich also der Meinung, atomare Energie sei die bessere Alternative zu fossilem Brennstoffen und bleibt dabei im Rahmen der bestehenden Klimapolitik, so soll die französische Politik entsprechend in der Lage sein, den Bau von Kernkraftwerken zu fördern.

Alle Technologien gleichzubehandeln ist oberflächlich betrachtet eine gute Sache. In vielen Bereichen, vor allem auch der Telekommunikation, ist dies sogar sinnvoll und wettbewerbsfördernd.

Kritik an der Technologieneutralität

Das eigentliche Problem wird schnell deutlich: Ist Technologieneutralität im Rahmen des Klimaschutzes zielführend?

Diese Frage wird viel diskutiert, weshalb wir auf Google mit so vielen Analysen und Berichten konfrontiert werden. Technologieneutralität ist nur dann sinnvoll, wenn auch ein vernünftiger Maßstab dafür existiert.

Dass der Ausstieg aus der Energiegewinnung durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe notwendig ist, steht fest. Aber ist der Umstieg auf atomare Energie die bessere Alternative? CO2-Solar- und WindenergieEmissionen auf Kosten vermehrter radioaktiver Abfälle zu senken, kann kaum vorteilhaft sein. Genauso wenig wollen wir flächendeckend Solarenergieanlagen oder Windkraftwerke bauen, für die vielleicht Wälder abgeholzt werden müssen.

Technologieneutralität und Klimaneutralität stehen gewiss nicht im Widerspruch, aber in der Praxis fällt Ersteres, Letzterem tatsächlich zum Opfer.

Obgleich die Vorgaben der EU existieren und von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden sollen, werden viele Methoden in Hinblick auf ihre vermeintliche Klimaneutralität betrachtet. 

Wir sagen bewusst „vermeintlich“, denn ein E-Auto mag kein Kohlenstoffdioxid abgeben, da es weder Diesel noch Benzin verbrennt. Aber man kann kaum behaupten, dass ein Elektrofahrzeug in seiner Herstellung CO2-neutraler wäre als ein Benziner. Die Politik fördert jedoch die Anschaffung von diesem deutlich mehr.Tesla - Elektrofahrzeug

Dies ist nur ein Beispiel, aber für die meisten Verbraucher ein greifbares, denn viele von uns überlegen inzwischen bei der Anschaffung eines Neuwagens, ob es ein Diesel, Benziner, Hybrid oder doch ein elektrisches Auto werden soll.

Alle vier sollten eigentlich unter dem Grundsatz der Technologieneutralität gleichbehandelt werden. Aber die Realität sieht anders aus, denn da obliegt die Klimaneutralität der Technologieneutralität. Das ist auch gut so, aber das heißt auch, dass gewisse Paragrafen überarbeitet werden sollten. 

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